Von schwer­be­hin­der­ten und gleich­ge­stell­ten Beam­ten­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­bern darf bei der Prü­fung der gesund­heit­li­chen Eig­nung nur ein Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eig­nung ver­langt wer­den. Das bedeu­tet, dass für die­sen Bewer­ber­kreis ein abge­senk­ter Pro­gno­se­zeit­raum von fünf bis zehn Jah­ren zugrun­de zu legen ist, für den fest­zu­stel­len ist, dass die Bewer­be­rin oder der Bewer­ber mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit dau­ernd dienst­fä­hig blei­ben wird.

1. Erleich­te­run­gen bei der
Beur­tei­lung der gesund­heit­li­chen Eignung

Nach den lauf­bahn­recht­li­chen Vor­schrif­ten in Bund und Län­dern darf von schwer­be­hin­der­ten und gleich­ge­stell­ten Beam­ten­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­bern nur das Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eig­nung ver­langt wer­den (vgl. u.a. § 5 Abs. 1 Bun­des­lauf­bahn­ver­ord­nung (BLV), § 25 Abs. 1 Ber­li­ner Lauf­bahn­ge­setz (LfbG), § 14 Abs. 1 Lauf­bahn­ver­ord­nung (LVO) des Lan­des Brandenburg).

Für Ver­be­am­tun­gen auf Pro­be und auf Lebens­zeit kann im Rah­men der Eig­nungs­prü­fung nach Art. 33 Abs. 2 Grund­ge­setz (GG) nach dem ver­än­der­ten Pro­gno­se­maß­stab der neue­ren Recht­spre­chung nicht­schwer­be­hin­der­ten Beam­ten­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­ber die gesund­heit­li­che Eig­nung nur dann abge­spro­chen wer­den, wenn tat­säch­li­che Anhalts­punk­te die Annah­me recht­fer­ti­gen, dass sie

  • mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze wegen dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit vor­zei­tig in den Ruhe­stand ver­setzt oder
  • mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit bis zur Pen­sio­nie­rung über Jah­re hin­weg regel­mä­ßig krank­heits­be­dingt aus­fal­len und des­halb eine erheb­lich gerin­ge­re Lebens­dienst­zeit auf­wei­sen werden
(BVerwG v. 30.10.2013 — 2 C 16.12 -, Rn. 26, BVerw­GE 148, 204 im Anschluss an das Urteil des BVerwG v. 25.7.2013 — 2 C 12.11 -, Rn. 16, BVerw­GE 147, 244). Da von schwer­be­hin­der­ten und gleich­ge­stell­ten Beam­ten­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­bern nur das Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eig­nung ver­langt wer­den kann, ist die­ser all­ge­mein gel­ten­de Pro­gno­se­maß­stab — zumin­dest was der Pro­gno­se­zeit­raum anbe­langt — für schwer­be­hin­der­te und gleich­ge­stell­te Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber abzusenken.

2. Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eignung

Zur Fra­ge was unter „Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eig­nung“ zu ver­ste­hen ist, hat das Ham­bur­gi­sche OVG in einem Urteil aus dem Jah­re 2008 fol­gen­des aus­ge­führt: „Das Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eig­nung erfor­dert für die vor­ge­se­he­ne Ver­wen­dung, dass von Schwer­be­hin­der­ten oder ihnen Gleich­ge­stell­ten ver­langt wer­den kann, dass für die Dau­er eines Pro­gno­se­zeit­rau­mes von etwa 10 Jah­ren eine höhe­re Wahr­schein­lich­keit als 50% dafür spricht, dass der Beam­te dienst­fä­hig bleibt und dar­über hin­aus in die­sem Zeit­raum krank­heits­be­ding­te Fehl­zei­ten von nicht mehr als etwa zwei Mona­ten pro Jahr auf­tre­ten wer­den, wobei die Wahr­schein­lich­keit einer ein­ma­li­gen etwas län­ge­ren Aus­fall­zeit im Pro­gno­se­zeit­raum anstel­le wie­der­keh­ren­der län­ge­rer krank­heits­be­ding­ter Aus­fall­zei­ten einer ins­ge­samt posi­ti­ven Pro­gno­se nicht ent­ge­gen­steht“ (Ham­bur­gi­sche OVG v. 26.09.2008 — 1 Bf 19/08 -, Rn. 41, open­Jur 2013, 493).

Die Ent­schei­dung des Ham­bur­gi­schen OVG hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) im Zurück­wei­sung­be­schluss zur Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de als mit dem Gesetz und der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung als ver­ein­bar ange­se­hen (BVerwG v. 23.4.2009 — 2 B 79.08 — Rn. 8, juris). Bei der Bemes­sung des Pro­gno­se­zeit­raums hat sich das Ham­bur­gi­sche OVG an einer Rege­lung im ham­bur­gi­schen Für­sor­ge­er­lass ori­en­tiert. In der Recht­spre­chung und in lan­des­recht­li­chen Rege­lun­gen wird aber auch ein Pro­gno­se­zeit­raum von fünf Jah­ren zugrun­de gelegt (VG Mainz v. 22.9.2004 — 7 K 623/04.MZ -, Rn. 15, Behin­der­ten­recht 2005, 86; Art. 21 Abs. 1 Baye­ri­sches Leis­tungs­lauf­bahn­ge­setz (LlbG)).

Da nur das Min­dest­maß an kör­per­li­cher Eig­nung vor­aus­ge­setzt wird, müs­sen schwer­be­hin­der­te und gleich­ge­stell­te Beam­ten­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­ber nicht für die gesam­te Lauf­bahn und für alle dazu­ge­hö­ren­de Ämter und die­sen zuge­ord­ne­ten Dienst­pos­ten kör­per­lich geeig­net sein. Zu prü­fen ist daher, ob die kör­per­li­che Eig­nung für eine Ver­wen­dung auf einem bestimm­ten Dienst­pos­ten der Lauf­bahn aus­reicht. Erst wenn dies ver­neint wer­den muss, schei­det eine Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis aus (BVerwG v. 25.7.2013 — 2 C 12.11 -, Rn. 36 f., BVerw­GE 147, 244).

3. Behin­de­run­gen ohne Gleichstellung

Die Erleich­te­run­gen für schwer­be­hin­der­te und gleich­ge­stell­te Beam­ten­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­ber bei der Beur­tei­lung der gesund­heit­li­chen Eig­nung fin­den auf Per­so­nen, die zwar behin­dert aber Schwer­be­hin­der­ten nicht gleich­ge­stellt sind, kei­ne Anwen­dung. Für die­sen Per­so­nen­kreis ist der von der neue­ren Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te all­ge­mei­ne Pro­gno­se­maß­stab und ein Pro­gno­se­zeit­raum, der bis zur gesetz­li­chen Alters­gren­ze reicht, anzu­wen­den (BVerwG v. 25.7.2013 — 2 C 12.11 -, Rn. 34, 40 ff., BVerw­GE 147, 244).