Maß­geb­li­cher Begriff des Dis­zi­pli­nar­rechts ist der des Dienst­ver­ge­hens. Nach § 77 BDG (§ 47 BeamtStG) bege­hen Bun­des­be­am­tin­nen und ‑beam­te ein Dienst­ver­ge­hen, wenn sie die ihnen oblie­gen­de Pflich­ten schuld­haft verletzen.

Nach­weis eines Dienst­ver­ge­hens ist Vor­aus­set­zung für die dis­zi­pli­nar­recht­li­che Ahn­dung durch Ver­hän­gung einer Disziplinarmaßnahme. 

Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft wer­den kann, wenn die Straf­bar­keit zuvor gesetz­lich bestimmt war, gilt auch für das Dis­zi­pli­nar­recht (BVerfGE 26, 186 (203 f.)). Eine dis­zi­pli­nar­recht­lich ver­folg­ba­re Pflich­ten­ver­let­zung im Sin­ne von § 77 BBG (§ 47 BeamtStG) muss sich daher aus einer gesetz­lich umschrie­be­nen Pflich­ten­re­ge­lung erge­ben und die zu ver­hän­gen­de Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me muss zumin­dest nach Art und Höhe durch Gesetz fest­ge­legt sein. Das Gesetz (§ 77 BBG, § 47 BeamtStG) unter­schei­det dabei zwi­schen inner­dienst­li­chen und außer­dienst­li­chen Pflicht­ver­stö­ßen und Pflicht­ver­stö­ßen im Ruhestand. 

Die Kern­pflich­ten der akti­ven Beam­tin­nen und Beam­ten sind die Dienst­leis­tungs­pflicht und die all­ge­mei­ne Treue­pflicht, die sich unmit­tel­bar aus der Bezeich­nung des Beam­ten­ver­hält­nis­ses als „öffent­lich-recht­li­ches Dienst- und Treue­ver­hält­nis­ses“ erge­ben (Art. 33 Abs. 4 GG, § 4 BBG, § 3 BeamtStG). Wei­te­re Pflich­ten sind aus dem Pflich­ten­ka­ta­log der §§ 60 ff. BBG (§§ 33 ff. BeamtStG) wie auch aus gesetz­li­chen Son­der­vor­schrif­ten (z.B. §§ 203, 206. 353b ff. Straf­ge­setz­buch (StGB), § 30 Abga­ben­ord­nung (AO)) her­leit­bar wie z.B.: Wahr­heits­pflicht, Amts­ver­schwie­gen­heits­pflicht, ort- und zeit­ge­bun­de­ne Anwe­sen­heits­pflicht, Befolgungs‑, Remons­tra­ti­ons- und Unter­stüt­zungs­pflicht, Pflicht zur unpar­tei­ischen, gerech­ten und unei­gen­nüt­zi­gen Amts­füh­rung, inner- und außer­dienst­li­che Wohl­ver­hal­tens­pflich­ten ins­be­son­de­re Pflicht zu ach­tungs- oder ver­trau­ens­ge­rech­tem Verhalten. 

Ein Dienst­ver­ge­hen im Sin­ne des § 77 BBG (§ 47 BeamtStG) setzt einen schuld­haf­ten, d.h. vor­sätz­li­chen oder fahr­läs­si­gen Pflich­ten­ver­stoß vor­aus. Inso­weit fin­det der straf­recht­li­che Schuld­be­griff Anwen­dung (Schuld­for­men, Ver­bots­irr­tum, Schuld­aus­schlie­ßungs­grün­de ins­be­son­de­re Schuldfähigkeit). 

Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men sind nach § 5 BDG für akti­ve Bun­des­be­am­tin­nen und ‑beam­te Ver­weis, Geld­bu­ße, Kür­zung der Dienst­be­zü­ge, Zurück­stu­fung, Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis und für Ruhe­stands­be­am­tin­nen und ‑beam­te des Bun­des Kür­zung des Ruhe­ge­halts und Aberken­nung des Ruhe­ge­halts. Nach § 13 BDG ist die Ent­schei­dung über eine Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me nach pflicht­ge­mä­ßen Ermes­sen zu tref­fen, wobei auf die Schwe­re des Dienst­ver­ge­hens, das Per­sön­lich­keits­bild der Beam­tin oder des Beam­ten und die durch das Dienst­ver­ge­hen ver­ur­sach­te Beein­träch­ti­gung des Ver­trau­ens des Dienst­herrn oder der All­ge­mein­heit abzu­stel­len ist. In die­sem Rah­men ist der ver­fas­sungs­recht­li­che Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit (Über­maß­ver­bot) zu beach­ten. Mit­hin hat die zu ver­hän­gen­de Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me in einem gerech­ten Ver­hält­nis zur Schwe­re des Dienst­ver­ge­hens und zum Ver­schul­den der Beam­tin oder des Beam­ten zu ste­hen. Im Unter­schied zu den Straf­tat­be­stän­den des Straf­rechts sind die gesetz­li­chen Pflicht­tat­be­stän­de des Dis­zi­pli­nar­rechts nicht kon­kret, son­dern als Gene­ral­klau­seln mit­tels unbe­stimm­ter Rechts­be­grif­fe abge­fasst. Die Pflicht­tat­be­stän­de des Dis­zi­pli­nar­rechts sind daher in star­kem Maße aus­le­gungs­be­dürf­tig. Anders als im Straf­recht, wo das Gesetz an einen gesetz­li­chen Straf­tat­be­stand eine kon­kre­te Straf­an­dro­hung knüpft, hat der dis­zi­pli­nar­be­fug­te Dienst­vor­ge­setz­te die für ein nach­ge­wie­se­nes Dienst­ver­ge­hen im Ein­zel­fall zu ver­hän­gen­de Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me nach § 13 BDG im Rah­men pflicht­ge­mä­ßen Ermes­sens — anhand des vor­ge­ge­be­nen Maß­nah­men­ka­ta­logs des § 5 BDG — selbst zu bestimmen. 

Auf­grund die­ser Offen­heit der Dis­zi­pli­nar­straf­be­stän­de kommt für die Anwen­dung des Dis­zi­pli­nar­rechts der gericht­li­chen Recht­mä­ßig­keits­kon­trol­le und damit der Dis­zi­pli­nar­recht­spre­chung gro­ße Bedeu­tung zu. So hat die Recht­spre­chung z.B. für bestimm­te Fall­grup­pen sog. Regel­ein­stu­fun­gen getrof­fen, die das Ermes­sen des Dienst­vor­ge­setz­ten in Aus­übung sei­ner Dis­zi­pli­nar­ge­walt begren­zen sowie der Gleich­be­hand­lung und der Rechts­si­cher­heit (Vor­aus­seh­bar­keit) die­nen. Danach kom­men nach der Recht­spre­chung z.B. für die Höchst­maß­nah­me „Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis“, die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG einen end­gül­ti­gen Ver­trau­ens­ver­lust des Dienst­herrn oder der All­ge­mein­heit vor­aus­setzt, vor allem fol­gen­de schwer­wie­gen­de Dienst­ver­ge­hen in Betracht: Sog. Zugriffs­de­lik­te (z.B. eigen­nüt­zi­ge Kas­sen­ma­ni­pu­la­tio­nen eines Kas­sen­be­am­ten, Dieb­stahl zu Las­ten eines Kol­le­gen, Unter­schla­gung von Beför­de­rungs­gü­tern), Bestech­lich­keit, unge­neh­mig­te Annah­me von Geschen­ken oder sons­ti­gen Vor­tei­len, inner­dienst­li­cher Betrug zu Las­ten des Dienst­herrn, beharr­li­che Ver­let­zung der poli­ti­schen Treue­pflicht, vor­sätz­li­che Spio­na­ge­tä­tig­keit, Besitz und Wei­ter­ga­be kin­der­por­no­gra­phi­scher Dar­stel­lun­gen, län­ge­res vor­sätz­li­ches uner­laub­tes Fern­blei­ben vom Dienst. Inso­weit hat die Recht­spre­chung auch sog. aner­kann­te Mil­de­rungs­grün­de erar­bei­tet, die im Wege der Typi­sie­rung Ent­las­tungs­grün­de festlegen.