Das Mit­be­stim­mungs­recht beim Absehen
von der Stel­len­aus­schrei­bung berech­tigt den Per­so­nal­rat die Nicht­vor­nah­me der Aus­schrei­bung im Rah­men einer Richtig­keits­kontrolle auf ihre Recht- und Zweck­mä­ßig­keit zu überprüfen.

1. Auf­ga­be der frü­he­ren Rechtsprechung

Nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 Bun­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­setz (BPersVG) unter­liegt das „Abse­hen von der Aus­schrei­bung von Dienst­pos­ten, die besetzt wer­den sol­len“, der Mit­be­stim­mung des Per­so­nal­ra­tes. Die frü­he­re Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts (BVerwG) ent­nahm die­sem Mit­be­stim­mungs­tat­be­stand die grund­sätz­li­che Ver­pflich­tung der Dienst­stel­le, zu beset­zen­de Stel­len intern aus­zu­schrei­ben (vgl. BVerwG v. 08.03.1988 — 6 P 32.85 -, Rn. 20 ff., BVerw­GE 79, 101). Die neue­re Recht­spre­chung des BVerwG hat die­se Recht­spre­chung auf­ge­ge­ben (BVerwG v. 14.2.2010 — 6 P 10.09 -, Rn. 12, BVerw­GE 136, 29; BVerwG v. 4.5.2012 — 6 PB 1.12 -, Rn. 4, NVwZ-RR 2012, 611 und BVerwG v. 4.2.2014 — 6 PB 36.13 -, Rn. 5, NZA-RR 2014, 274). Das gilt auch für ver­gleich­ba­re Mitbestimmungs­tatbestände der Lan­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­set­ze (BVerwG v. 9.1.2007 — 6 P 6.06 -, Rn. 36, NZA-RR 2007, 276).

Die Auf­ga­be der frü­he­ren Recht­spre­chung wird damit begrün­det, dass die Mit­be­stim­mungs­tat­be­stän­de in den §§ 75 und 76 BPersVG sich auf arbeits- und dienst­recht­li­che Vor­gän­ge bezie­hen, die in Rechts­vor­schrif­ten außer­halb des Per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­set­zes gere­gelt sind oder sich aus der Ver­wal­tungs­pra­xis der Dienst­stel­len erge­ben. Auch gebe der Wort­laut und die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vor­schrift des § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG eine sol­che Ver­pflich­tung aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG her­aus nicht her. Die frü­he­re Recht­spre­chung sei von der Sor­ge geprägt gewe­sen, dass ohne eine sol­che Ver­pflich­tung aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG das Mitbestimmungs­recht leer­lau­fe, da Rege­lun­gen zur dienst­stel­len­in­ter­nen Aus­schrei­bung weit­ge­hend fehl­ten. Die­se Besorg­nis sei aber ange­sichts der zwi­schen­zeit­li­chen Rechts­ent­wick­lung nicht mehr begrün­det (BVerwG v. 14.2.2010 — 6 P 10.09 -, Rn. 13 ff., BVerw­GE 136, 29). Das zei­ge z.B. die weit­ge­hen­de Pflicht zur dienst­stel­len­be­zo­ge­nen Aus­schrei­bung nach § 6 Abs. 2 S. 1 Bun­des­gleich­stel­lungs­ge­setz (BGleiG).

2. Ver­pflich­tung zur Stellenausschreibung

Nach der neue­ren Recht­spre­chung des BVerwG ist die Ver­pflich­tung zur Stel­len­aus­schrei­bung außer­halb des Per­so­nal­ver­tre­tungs­rechts anhand von Rechts- und Verwaltungs­vorschriften oder einer regel­mä­ßi­gen Ver­wal­tungs­pra­xis der Dienst­stel­le zu beant­wor­ten. Für den Bun­des­be­reich sind das § 8 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) und § 4 Bundeslaufbahn­verordnung (BLV) sowie § 6 Abs. 2 S. 1 Bundes­gleichstellungs­gesetz (BGleiG). Zu beach­ten­de dienst­stel­len­in­ter­ne Vor­schrif­ten sind z.B. die Rege­lun­gen zur Stel­len­aus­schrei­bung im Hand­buch des Dienst­rechts (HDH) der Bun­des­agen­tur für Arbeit.

3. Mit­be­stim­mung als Richtigkeitskontrolle

Die Mit­be­stim­mung nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG setzt vor­aus, dass zu beset­zen­de Stel­len übli­cher­wei­se aus­ge­schrie­ben wer­den. Eine sol­che Übung kann einer grund­sätz­li­chen Ver­pflich­tung fol­gen, die sich aus Rechts- oder Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten ergibt, oder auf stän­di­ger Ver­wal­tungs­pra­xis beru­hen (BVerwG v. 14.2.2010 — 6 P 10.09 -, Rn. 12, BVerw­GE 136, 29). Das Mit­be­stim­mungs­recht nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG knüpft dem­nach an gene­rel­le Vor­ga­ben in spe­zi­el­len Rechts- und Verwaltungsvor­schriften oder an eine regel­mä­ßi­ge Aus­schrei­bungs­pra­xis in der Dienst­stel­le an und ermäch­tigt den Per­so­nal­rat, anhand der Rechts- und Verwaltungs­vorschriften oder der Ver­wal­tungs­pra­xis die aus­nahms­wei­se Nicht­vor­nah­me der Aus­schrei­bung im Rah­men einer Rich­tig­keits­kon­trol­le auf ihre Recht- und Zweck­mä­ßig­keit zu über­prü­fen. Die Mit­be­stim­mung greift unab­hän­gig davon ein, ob die Nicht­vor­nah­me der Aus­schrei­bung nach dem zugrun­de zu legen­den spe­zi­el­len Regel­werk auf einer zwin­gen­den Aus­nah­me beruht oder in das Ermes­sen des Dienst­stel­len­lei­ters gestellt ist (BVerwG v. 4.2.2014 — 6 PB 36.13 -, Rn. 8, NZA-RR 2014, 274).

Ist die zustän­di­ge Dienst­be­hör­de befugt, für ihren Geschäfts­be­reich durch Ver­wal­tungs­vor­schrift Fall­ge­stal­tun­gen zu bestim­men, in denen von einer Aus­schrei­bung abge­se­hen wird oder wer­den kann, so hat sie dabei nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG das Mit­be­stim­mungs­recht der zustän­di­gen Per­so­nal­ver­tre­tung zu beach­ten. In die­sem Fall erstreckt sich die Mit­be­stim­mung des Per­so­nal­rats im Zusam­men­hang mit der kon­kre­ten Stel­len­be­set­zung dar­auf, ob ein Aus­nah­me­fall nach der Verwaltungs­vorschrift gege­ben ist (BVerwG v. 4.5.2012 — 6 PB 1.12 -, Rn. 6 f., NVwZ-RR 2012, 611). Ent­spre­chen­des gilt, wenn die Aus­schrei­bung auf stän­di­ger Ver­wal­tungs­pra­xis beruht. Der Dienst­stel­len­lei­ter ist berech­tigt, eine sol­che Pra­xis gene­rell oder für den Ein­zel­fall zu ändern. Er muss dabei aber den Per­so­nal­rat im Wege der Mit­be­stim­mung beteiligen.

4. Letzt­ent­schei­dungs­recht der obers­ten Dienststelle

Nach der Recht­spre­chung des BVerwG hat die obers­te Dienst­be­hör­de ent­ge­gen dem Wort­laut des BPersVG (§ 69 Abs. 4 BPersVG) in Mit­be­stim­mungs­ver­fah­ren nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG auf­grund des demo­kra­ti­schen Prin­zips das Letzt­ent­schei­dungs­recht (BVerwG v. 4.2.2014 — 6 PB 36.13 -, Rn. 9, NZA-RR 2014, 274). Bei Nicht­ei­ni­gung kann die Eini­gungs­stel­le nur eine Emp­feh­lung abge­ben; die ver­bind­li­che Letzt­ent­schei­dung trifft die obers­te Dienst­be­hör­de (§ 69 Abs. 4 S. 3 und 4 BPersVG).