Wegen des Sach­ver­halts, der Gegen­stand eines Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens ist, kön­nen auch Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren, staatsanwalt­liche Ermitt­lun­gen oder Verwaltungs­gerichtsverfahren durch­ge­führt wer­den. Das Gesetz regelt die Aus­wir­kun­gen sol­cher sach­glei­chen Par­al­lel­ver­fah­ren oder des Zeit­ab­laufs auf das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren mit sog. Maßnahmeverboten.

1. Hin­der­nis­se für die Ein­lei­tung eines Disziplinarverfahrens

Ist zu erwar­ten, dass nach den Maß­nah­me­ver­bo­ten der §§ 14 und 15 BDG eine Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me nicht in Betracht kommt, wird ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren nicht ein­ge­lei­tet (§ 17 Abs. 2 BDG).

a) Maß­nah­me­ver­bot wegen Zeitablaufs

Ist nach Voll­endung des Dienst­ver­ge­hens ein gewis­ser Zeit­raum ver­gan­gen, darf eine bestimm­te Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me nach § 15 BDG nicht mehr ver­hängt wer­den. Die Rege­lung des § 15 BDG sieht bezo­gen auf die ein­zel­nen Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men gestaf­fel­te Fris­ten von zwei bis sie­ben Jah­ren vor. Für die Höchst­maß­nah­men „Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis“ und „Aberken­nung des Ruhe­ge­halts“ gilt das Maß­nah­me­ver­bot nicht. Ist bereits vor Ein­lei­tung des Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens zu erwar­ten, dass auf eine Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me erkannt wer­den wird, die nach § 15 BDG wegen Zeit­ab­laufs nicht mehr ver­hängt wer­den darf, ist ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren nicht einzuleiten.

b) Maß­nah­me­ver­bot wegen Verurteilung

Ist in einem sach­glei­chen Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren eine Stra­fe, Geld­bu­ße oder Ord­nungs­maß­nah­me unan­fecht­bar ver­hängt wor­den oder kann eine Tat nach der Erfül­lung von Wei­sun­gen und Auf­la­gen nach § 153a Abs. 1 S. 5 oder Abs. 2 S. 2 Straf­pro­zess­ord­nung (StPO) nicht mehr als Ver­ge­hen ver­folgt wer­den, dür­fen nach dem beschränk­ten Maß­nah­me­ver­bot des § 14 Abs. 1 BDG die Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men „Ver­weis“, „Geld­bu­ße“ und „Kür­zung des Ruhe­ge­halts“ nicht mehr ver­hängt wer­den. Ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ist nicht ein­zu­lei­ten, wenn zu erwar­ten ist, dass in einem Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren vor­aus­sicht­lich auf eine sol­che Maß­nah­me erkannt wer­den wird. Das gilt auch bei einer vor­aus­sicht­li­chen „Kür­zung der Dienst­be­zü­ge“, es sei denn die­se ist zusätz­lich erfor­der­lich, um die Beam­tin oder den Beam­ten zur Pflicht­er­fül­lung anzu­lei­ten (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG). Für die sta­tus­ver­än­dern­den Maß­nah­men „Rück­stu­fung“ und „Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis“ und für die Höchst­maß­nah­me „Aberken­nung des Ruhe­ge­halts“ sieht § 14 Abs. 1 BDG kein Maß­nah­me­ver­bot vor. Ist vor­aus­sicht­lich mit einer sol­chen Maß­nah­me zu rech­nen, muss das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren trotz straf­recht­li­cher Ahn­dung ein­ge­lei­tet werden.

c) Maß­nah­me­ver­bot wegen Freispruchs

Ist die Beam­tin oder der Beam­te im Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren rechts­kräf­tig frei­ge­spro­chen wor­den, ist ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren wegen des Maß­nah­me­ver­bots des § 14 Abs. 2 BDG nicht ein­zu­lei­ten, es sei denn ein Dienst­ver­ge­hen liegt vor, ohne den Tat­be­stand einer Straf- oder Buß­geld­vor­schrift zu erfül­len (sog. dis­zi­pli­nar­recht­li­cher Überhang).

2. Aus­set­zung des Disziplinarverfahrens

Nach Erhe­bung der öffent­li­chen Kla­ge im Straf­ver­fah­ren ist ein behörd­li­ches Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren bei Sach­gleich­heit bis zum rechts­kräf­ti­gen Abschluss des Straf­ver­fah­rens aus­zu­set­zen (§ 22 Abs. 1 BDG). Falls ein Straf­ver­fah­ren bereits vor Ein­lei­tung des Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens anhän­gig ist, ist das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren zwar ein­zu­lei­ten, nach Ein­lei­tung aber sofort aus­zu­set­zen. Bei einem gericht­li­chen Buß­geld­ver­fah­ren, einem Verwaltungs­gerichts­verfahren oder bei staats­an­walt­li­chen Ermitt­lun­gen kann das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren aus­ge­setzt wer­den (§ 22 Abs. 3 BDG).

3. Ein­stel­lung des Disziplinarverfahrens

In Fäl­len, in denen Beam­tin­nen oder Beam­te wäh­rend des Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens ihre Beam­ten­rech­te durch rechts­kräf­ti­ges Urteil eines deut­schen Straf­ge­richts ver­lie­ren (§ 41 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG), § 24 Beam­ten­sta­tus­ge­setz (BeamtStG)), ist das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ein­zu­stel­len. Das gilt auch für Fäl­le der Ent­las­sung nach den §§ 31 ff. BBG (§§ 22 f. BeamtStG). Beam­tin­nen oder Beam­te kön­nen sich daher einem Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ent­zie­hen, wenn sie ihre Ent­las­sung bean­tra­gen (§ 33 BBG). Im Unter­schied zu einer Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis als Ergeb­nis des Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens müs­sen sie dann aber auf die Zah­lung eines vor­über­ge­hen­den Unter­halts­bei­trags nach § 10 Abs. 3 BDG verzichten.

Das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ist fer­ner nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG ein­zu­stel­len, wenn sich wäh­rend oder bei Abschluss des Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens ergibt, dass
    li>ein Maß­nah­me­ver­bot wegen Zeit­ab­laufs nach § 15 BDG vorliegt,
  • in einem sach­glei­chen Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren eine Stra­fe, Geld­bu­ße oder Ord­nungs­maß­nah­me unan­fecht­bar ver­hängt wor­den ist oder eine Tat nach der Erfül­lung von Wei­sun­gen und Auf­la­gen nach § 153a Abs. 1 S. 5 oder Abs. 2 S. 2 Straf­pro­zess­ord­nung (StPO) nicht mehr als Ver­ge­hen ver­folgt wer­den kann und im Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren vor­aus­sicht­lich auf „Ver­weis“, „Geld­bu­ße“, „Kür­zung der Dienst­be­zü­ge“ oder „Kür­zung des Ruhe­ge­halts“ erkannt wer­den wird (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 BDG), wobei eine „Kür­zung der Dienst­be­zü­ge“ nicht aus­ge­spro­chen wer­den muss, um die Beam­tin oder den Beam­ten zur Pflicht­er­fül­lung anzu­hal­ten (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG).
  • die Beam­tin oder der Beam­te in einem sach­glei­chen Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren rechts­kräf­tig frei­ge­spro­chen wor­den ist (§ 14 Abs. 2 BDG), es sei denn ein Dienst­ver­ge­hen liegt vor, ohne den Tat­be­stand einer Straf- oder Buß­geld­vor­schrift zu erfül­len (sog. dis­zi­pli­nar­recht­li­cher Überhang).

4. Bin­dungs­wir­kung an tat­säch­li­che Feststellungen
in einem ande­ren sach­glei­chen Verfahren

Von Ermitt­lun­gen im behörd­li­chen Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ist abzu­se­hen, wenn der für die dis­zi­pli­nar­recht­li­che Ahn­dung maß­geb­li­che Sach­ver­halt auf­grund ande­rer sach­glei­cher Ver­fah­ren bereits fest­steht. Das betrifft

  • Fest­stel­lun­gen eines sach­glei­chen rechts­kräf­ti­gen Urteils im Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren (§ 21 Abs. 2 Satz 1 BDG) und
  • Fest­stel­lun­gen eines ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens, durch das nach § 9 Bun­des­be­sol­dungs­ge­setz (BBesG) über den Ver­lust der Besol­dung bei schuld­haft uner­laub­tem Fern­blei­ben vom Dienst ent­schie­den wor­den ist (§ 21 Abs. 2 Satz 1 BDG).
Die tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen eines sach­glei­chen rechts­kräf­ti­gen Urteils im Straf- oder Buß­geld­ver­fah­ren oder im ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren sind für das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren bin­dend (§ 23 Abs. 1 BDG). Das disziplinar­rechtliche Schick­sal der Beam­tin oder des Beam­ten wird damit fak­tisch im Straf­ver­fah­ren vor­ent­schie­den. Die Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me, wie die „Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis“ oder die „Zurück­stu­fung“ kann die Beam­tin oder den Beam­ten dabei beruf­lich und per­sön­lich här­ter tref­fen als der Straf­aus­spruch. Kei­ne Bin­dungs­wir­kung lösen Ein­stel­lungs­ur­tei­le der Straf­ge­rich­te oder Straf­be­feh­le aus.

Soweit der Sach­ver­halt in einem ande­ren gesetz­lich geord­ne­ten Ver­fah­ren oder auf sons­ti­ge Wei­se auf­ge­klärt ist, z.B. durch ein poli­zei­li­ches oder staats­an­walt­schaft­li­ches Ermitt­lungs­ver­fah­ren oder ein Buß­geld­ver­fah­ren, kann von Ermitt­lun­gen im Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren abge­se­hen wer­den (§ 21 Abs. 2 Satz 2 BDG). Das kön­nen auch Ver­fah­ren sein, die ande­re an der Bege­hung des Dienst­ver­ge­hens betei­lig­te Per­so­nen betref­fen. Die in einem ande­ren gesetz­lich geord­ne­ten Ver­fah­ren gewon­nen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen sind zwar nicht bin­dend, kön­nen im Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren aber ohne noch­ma­li­ge Prü­fung zugrun­de gelegt wer­den (§ 23 Abs. 2 BDG).